Beschluss: zur Kenntnis genommen

Vor einem Jahr haben die Bauarbeiten zur Erneuerung der öffentlichen Verkehrsflächen in der Sommerfeldsiedlung begonnen. Sie erstrecken sich bislang auf Straßen An der Stammbahn, Kuckuckswald und Steinweg. Grundlage der Arbeiten bildet das von der Gemeindevertretung im September 2020 beschlossene Bauprogramm (Anlagen zu den DS-Nr. 066/20 und 066/20/1). Demnach werden die  Seitenbereiche mit einer gepflasterten Gehbahn bzw. für das Parken mit Rasenrippenplatten, seitlich jeweils ergänzt durch eine wassergebundene Decke ausgestattet. Dies bedeutet aufgrund des im Vergleich zum Bestand (überwiegend Grünflächen, flaches Gelände und/oder festgetretener Weg) deutlich schlechteren 'Abflussbeiwerts' sowohl der Betonplatten als auch der wassergebundenen Decke (0,9 gegenüber gemittelt 0,5 beim Bestand, vgl. Anlage „Erläuterung zur technischen Gestaltung der Entwurfsplanung“, S. 22) eine erhebliche zusätzliche Flächenversiegelung. Hierauf wird im Bauprogramm auch explizit hingewiesen: Grundsätzlich entsteht durch den Neubau der Seitenbereiche eine Mehrversiegelung der vorhandenen Flächen, die zu größeren Ableitungsmengen führen (ebda.).

Eine Mehrversiegelung von siedlungsweit über 20.000 Quadratmetern ist ökologisch problematisch und mit den Zielen des Integrierten Klimaschutzkonzepts Kleinmachnow (IKK) schwerlich vereinbar. So heißt es in dem durch die Gemeindevertretung am 30.06.2022 verabschiedeten IKK-Leitbild: Wir setzen auf Alternativen zu Flächenversiegelungen, damit Niederschlagswasser versickern und in das lokale Grundwasser gelangen kann. Durch Starkregen hervorgerufene Überschwemmungen wollen wir eindämmen, indem wir Strukturen zur Rückhaltung und Versickerung von Niederschlagswasser erneuern und erweitern (Anlage 1, S. 4 zur DS-Nr. 055/22).

 

Vor diesem Hintergrund frage ich den Bürgermeister:

1.   Hält die Gemeindeverwaltung – bezogen auf die Seitenbereiche der von den laufenden Arbeiten noch nicht betroffenen Straßen – eine versiegelungsmindernde Änderung des Bauprogramms zur Erneuerung der öffentlichen Verkehrsflächen in der Sommerfeldsiedlung für wünschenswert und unter Berücksichtigung insbesondere der vertraglichen Regelungen mit dem bauausführenden Unternehmen für machbar und wirtschaftlich vertretbar? Sofern nein, bitte Angabe der Gründe.

2.   Bei positiver Beantwortung der ersten Frage: Unterstützt die Verwaltung eine versiegelungsmindernde Änderung des Bauprogramms für die Seitenbereiche dahingehend, dass die Flächen seitlich der gepflasterten Gehbahnen versickerungsfähig(er) gestaltet werden, indem hier – laienhaft formuliert – eine Befestigung 'lediglich mit Erde' anstatt mit wassergebundener Decke erfolgt und somit perspektivisch auch wieder Grünbereiche entstehen können? Sofern nein, bitte Angabe der Gründe.

3.   Bei positiver Beantwortung der ersten und negativer Beantwortung der zweiten Frage: Welche Änderungen im Bauprogramm sind aus Sicht der Verwaltung geeignet, um die Versickerungsfähigkeit der seitlich der gepflasterten Gehbahnen liegenden Flächen zu erhalten?

4.   Bei positiver Beantwortung der ersten Frage und Bejahung einer der beiden darauffolgenden Fragen: Welche Schritte wird die Verwaltung wann einleiten, damit die weiteren Bauarbeiten in Bezug auf den hier thematisierten Maßnahmenbereich zu einer umweltfreundlicheren Seitenbereichsgestaltung führen?

 

 

Zu 1.

Eine Beantwortung dieser Fragestellung erfordert neben der Betrachtung der ökologischen Aspekte auch die Einbeziehung gestalterischer, rechtlicher und wirtschaftlicher Kriterien.

In den angesprochenen weiteren Straßenzügen der zurzeit laufenden Bauphase A (Johannistisch, Pilzwald, Im Dickicht und Brodberg) sieht die Planung eine Querschnittsaufteilung analog zum bereits weitgehend hergestellten Straßenzug Kuckuckswald vor.

Sie beinhaltet auf der Gehwegseite eine mittig angeordnete 1,0 m breite Plattenbahn, die durch Kantensteine beidseits eingespannt ist. Außerhalb der Grundstückszufahrten und -zugänge wird die Plattenbahn sowohl beim Sicherheitsstreifen hinter dem Fahrbahnbord („Unterstreifen“) als auch zu den Anliegergrundstücken hin („Oberstreifen“) um wassergebundene Decken ergänzt. Auf der gegenüberlegenden Seite ist die Ausbildung eines 2,0 m breiten Parkstreifens mit Rasenrippenplatten zuzüglich beidseitiger Bordeinfassungen vorgesehen, soweit das durch notwendige Grundstückszufahrten und ggf. auch den Wurzelraum des Baumbestandes möglich ist. Der auf dieser Seite verbleibende Oberstreifen (zwischen den Parkflächen und den Anliegergrundstücken) erhält eine etwa 1,7 m breite wassergebundene Decke.

Die Querschnittsgestaltung ist bekanntlich das Ergebnis des Bürgerdialogs, in dem das Ziel formuliert wurde, das charakteristische, seit der Entstehungszeit vertraute Erscheinungsbild des Gesamtquartiers zu erhalten. Die Querschnittsgestaltung stellt insbesondere in den schmalen Nord-Süd-Straßen schon einen Kompromiss zwischen den geltenden Regeln der Technik und den räumlichen Möglichkeiten dar. Laut Richtlinie zur Anlage von Stadtstraßen (RASt 06) wird für Gehwege eine Regelbreite von 1,8 m empfohlen. Dabei kommt den Grundsätzen einer barrierefreien Gestaltung öffentlicher Verkehrsräume eine besonders hohe Priorität zu. Mit einer Befestigungsbreite von 1,0 m erfüllen wir nur knapp die Mindestanforderungen für die Benutzung mit Kinderwagen, für Rollstuhlnutzende müssen schon die Randeinfassungen (Kantensteine) mit einbezogen werden. Die angrenzende Fahrbahn erfüllt mit ihrer Regelbreite von 3,0 m auch nur unter Einbeziehung der seitlichen Sicherheitsräume die Mindestanforderungen für Müllentsorgung und Rettungsfahrzeuge, insbesondere für Löschfahrzeuge. Weil außerdem der Parkdruck im öffentlichen Straßenraum offensichtlich ist und die Herstellung von Parkstreifen ebenfalls Resultat des Bürgerdialogs erscheint ein Verzicht auf Stellplatzangebote wenig realistisch.

Die geschilderten Nutzungsansprüche sind schon heute vorhanden, so dass die derzeit „unbefestigten“ Seitenräume bereits eine starke (Vor-)Verdichtung aufweisen und entwässerungstechnisch keinesfalls mit Grünanlagen gleichzusetzen sind. Die beschriebene bauliche Neugestaltung soll dazu beitragen, die Nutzung des Straßenraumes endlich klar zu strukturieren und auf die jeweils dafür vorgesehenen Teilflächen zu konzentrieren. Eine weiterhin ungeregelte Verdichtung der unbefestigten, also wassergebundenen Flächen soll künftig vermieden werden.

Mit dem wassergebundenen Aufbau in den Sicherheitsstreifen (Unterstreifen), der nach der Bemessungsvorschrift für Entwässerungsanlagen Arbeitsblatt DWA-A 138 mit einem maximalen Abflussbeiwert von 0,6 anzusetzen ist, hat sich die Gemeinde schon für einen Aufbau mit einer größeren Durchlassfähigkeit entschieden, auch wenn dieser einen erhöhten Wartungsaufwand nach sich ziehen wird. Nach dem Arbeitsblatt ist lediglich die Asphaltfahrbahn mit einem Abflussbeiwert von 0,9 anzusetzen. Die in den Seitenräumen zur Anwendung kommenden Oberflächen weisen Abflussbeiwerte zwischen 0,25 (Rasenrippenplatten) und 0,75 (Gehwegplatten/ Zufahrtspflaster) auf. Für Böden sind Abflussbeiwerte zwischen 0,3 und 0,5 in Ansatz zu bringen, wobei aufgrund der erwähnten Vorverdichtung zumindest der obere Wert in Ansatz zu bringen ist.

 

Zusammenfassend:

Die entwässerungstechnisch relevante Mehrversiegelung fällt real geringer aus, als es augenscheinlich zu vermuten ist. Der Befestigung der Seitenbereiche steht der Vorteil gegenüber, dass ein barrierefreies Mindestangebot für zu Fuß gehende geschaffen wird. Das kann einen Beitrag leisten bei dem Ziel, die Kfz-Nutzung zu mindern, ist aber auch im Hinblick auf die demographische Entwicklung wichtig, die nahelegt, insbesondere mobilitätseingeschränkten Menschen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu erleichtern. Vor allem aber sind in den Straßenräumen der Sommerfeldsiedlung überwiegend nur Mindestquerschnittsangebote möglich. Deshalb sieht die Verwaltung keine Spielräume für eine versiegelungsmindernde Änderung des beschlossenen Bauprogramms.

Eine Änderung würde auch eine Überarbeitung der Ausführungsunterlagen zu Bauphase A erfordern. Der hierfür benötigte Zeitraum birgt das Risiko, den Baufortschritt zu behindern, weil davon auszugehen ist, dass zumindest teilweise geänderte Leistungsinhalte erforderlich werden. Diese sind nicht Bestandteil des Bauvertrages mit dem beauftragten Unternehmen, Nachtragsverhandlungen wären unausweichlich, für die das Unternehmen eine entsprechende Kalkulation erarbeiten müsste.

Bis zu dem für August 2023 geplanten Baubeginn in der Straße Brodberg könnten diese Vorbereitungen nicht abgeschlossen werden. Darüber hinaus würde die Gemeinde mit Nachtragsregelungen den Preiswettbewerb eines regulären Vergabeverfahrens verlassen. Erfahrungsgemäß unterbreiten bauausführende Unternehmen in solchen Fällen vergleichsweise „großzügig“ kalkulierte Angebote, ohne belastbare Vergleichsmöglichkeiten für der Verwaltung. Eine Änderung des Bauprogramms wird deshalb seitens der Verwaltung auch aufgrund der zu erwartenden wirtschaftlichen Nachteile nicht angestrebt.

 

Zu 2.

Die erste Frage wurde negativ (ablehnend) beantwortet.

Gleichwohl soll auf Probleme hingewiesen werden, die im Zusammenhang mit dem Vorschlag, unbefestigte Sicherheitsstreifen („Unterstreifen“) und Oberstreifen mit einer Bodenandeckung zu versehen, zu beachten wären:

Die Sicherheitsstreifen zwischen Gehweg und Fahrbahn sind nur 50 cm (Nord-Süd-Straßen) bzw. 60 cm (Straße An der Stammbahn) breit. Darin enthalten sind die Bordeinfassungen von Gehweg und Fahrbahn, die im Untergrund eine 10 bis 15 cm breite Betonrückenstütze haben. Das schränkt die eigentliche, für das Pflanzenwachstum nötige Bodenzone erheblich ein. Aus Gründen der Verkehrssicherheit sollte das Pflanzenwachstum auch begrenzt werden. Zudem ist ‑ insbesondere in den Nord-Süd-Straßen ‑ mit einem häufigeren Überfahren der Sicherheitsstreifen zu rechnen, da häufiger Ausweichmanöver infolge von Begegnungsfällen Kfz – Kfz auftreten dürften.

Im Oberstreifen, zwischen Gehweg und Grundstück, erfolgt in Einzelfällen bereits eine Bodenandeckung, wenn an den Grundstückseinfriedungen keine Sockelmauern vorhanden sind und es für den Höhenangleich zweckmäßig ist. Damit gehen für den Fußgängerverkehr bei Begegnungsfällen allerdings potentielle Ausweichflächen verloren, die bei der auf 1,0 m minimierten Plattenbreite in den Nord-Süd-Straßen durchaus hilfreich sind. Bei dem insgesamt geringen Flächenanteil dieser Oberstreifen (siehe Antwort zu 1.) hätte eine Übernahme als Regellösung auch nur eine geringe Wirkung, so dass es bei der für Einzelfälle gewählten Lösung bleiben soll.

 

Zu 3.

Bereits in der Antwort zu 1. wurde auf die geplanten und notwendigen baulichen Veränderungen in den Gehwegbereichen eingegangen, um zumindest ein barrierefreies Minimalangebot zu erreichen. Es wurde auch dargelegt, dass die damit verbundene Erhöhung der Abflussrate relativ gering ist. Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass das in der Sommerfeldsiedlung auf öffentlichen Verkehrsflächen anfallende Niederschlagswasser nicht aus dem Gebiet abgeführt wird, sondern vielmehr entweder in den Düppelteich geleitet oder über unterirdische Versickerungseinrichtungen (Straße Steinweg, Straße An der Stammbahn in Höhe des Friedhofs und Grünanlage Johannistisch/ Franzosenfichten) dem Grundwasser wieder zugeführt wird.

 

Zu 4.

Wie in den Antworten zu 1. bis 3. dargelegt, stellt das Bauprogramm, das derzeit umgesetzt wird, einen guten Kompromiss zwischen den unterschiedlichen Belangen, die vom öffentlichen Straßenraum zu erfüllen sind, dar. Vor diesem Hintergrund sind die laufenden Maßnahmen zur Gestaltung der Seitenbereiche als durchaus umweltfreundlich einzuordnen. Die Möglichkeiten zur Abflussminimierung der Verkehrsflächen werden weitgehend ausgeschöpft, das Niederschlagswasser im Übrigen gebietsnah versickert.