Die Gemeinde Kleinmachnow erlässt eine Satzung, nach der
Wohngrundstücke in der Ortslage grundsätzlich einzufrieden sind.
Die SPD/PRO-Fraktion hat einen ähnlichen Antrag schon im Juni 2018
eingebracht (DS-Nr. 82/18). In der Sitzung der Gemeindevertretung vom 20.
September 2018 wurde der Antrag abgelehnt.
Mittlerweile hat sich die Situation erheblich verschärft, wie der
jüngste Vorfall in einem Friseursalon
in Stahnsdorf zeigt, wo ein blutendes Wildschwein in einen
Friseursalon eindrang und nur dank eines glücklichen Zufalls niemand zu Schaden
kam. Deswegen wird der Antrag nochmal eingebracht.
In einer von der SPD mit dem bekannten Universitäts-Professor Dr. Pfannenstiel
am 19. November 2018 durchgeführten Vortragsveranstaltung wurden die Ursachen
der Wildschweinplage erläutert. Prof. Dr. Pfannenstil ist Biologe und Jäger und
deshalb in außergewöhnlicher Weise qualifiziert. Er erläuterte, dass die
Wildschweinpopulation in Deutschland ständig steige. Auch etwa 600.000 Abschüsse
im Jahr würden nicht ausreichen, um den Anstieg der Population zu stoppen.
Ursache seien warme Winter und energiereicher Maisanbau sowie ergiebige
Futterfunde in Hausgärten und öffentlichen Grünanlagen. Dadurch käme es zu drei
statt früher ein bis zwei Würfen pro Jahr. Die in Teltow, Kleinmachnow und
Stahnsdorf auffallenden Wildtiere lebten nicht in den umliegenden Wäldern, sondern
in unserer unmittelbaren Wohnumgebung. Sie fänden bei uns ihr Futter.
Die SPD/PRO-Fraktion möchte alles Menschenmögliche tun, um die
Population zu verringern. Es ist klar, dass dafür ein Bündel von Maßnahmen
nötig ist: Abschussprämie, Einfriedungspflicht und der Aufbau einer kommunal
unterstützten Direktvermarktungskette für in der Region geschossenes Wildschweinfleisch.
Bürger dürfen Wildschweine nicht füttern und müssen ihre Grundstücke geschlossen
halten. Lebensmittel gehören nicht auf den Laubkompost im eigenen Garten,
sondern in die Bio-Tonne. Insbesondere müssen die Tiere von Rückzugsorten im
Wohngebiet abgeschnitten werden. Deshalb ist es unbedingt wichtig, dass
unbewohnte Grundstücke eingefriedet werden. Dieser Aspekt wurde von Prof. Dr.
Pfannenstil ausdrücklich bestätigt.
Im Gemeindegebiet gibt es erhebliche Anzahl von unbewohnten und
verwilderten Grundstücken innerhalb der Ortslage. Auf diesen Grundstücken
halten sich Wildschweine, insbesondere Bachen mit Jungen, gerne tagsüber auf,
bevor sie nachts auf Beutezug in die umliegenden Gärten gehen. Diese Grundstücke
stellen eine Gefahr für Kinder, ältere Mitbürger und Hunde dar, wenn sie nämlich
unverhofft – insbesondere frühmorgens oder abends - Wildschweinen auf dem Weg
zu diesen Grundstücken auf der Straße begegnen. Deshalb sollen die Eigentümer
dieser Grundstücke verpflichtet werden, ihre Grundstücke straßenseitig
einzufrieden. Da eine gesetzliche Einfriedungspflicht nicht besteht und eine
ordnungsbehördliche Verfügung des Ordnungsamtes auf der Grundlage der
ordnungsbehördlichen Generalklausel mangels konkreter Gefahr in der Regel nicht
möglich ist, muss zunächst mit Hilfe des gemeindlichen Satzungsrechts eine
generelle straßenseitige Einfriedungspflicht geschaffen werden. Diese generelle
Verpflichtung nach Ortsrecht kann das Ordnungsamt der Gemeinde dann im Einzelfall
mit einer Verfügung auf der Grundlage der ordnungsbehördlichen Generalklausel
durchsetzen. Die konkrete Gefahr liegt dann in dem Verstoß gegen „geschriebenes
Recht“.
Erfüllt der Eigentümer die gegen ihn ergangene Ordnungsverfügung
nicht, kann die Behörde die Ersatzvornahme androhen und den Zaun mit Hilfe eines
Unternehmers setzen lassen und sodann die Kosten vom Eigentümer anfordern.
Zahlt dieser nicht, kann das Grundstück im äußersten Fall zwangsversteigert
werden oder es kann einvernehmlich eine Sicherheitshypothek eingetragen werden.
Da es in Kleinmachnow eine Reihe von bewohnten Grundstücken gibt, die
straßenseitig nicht eingefriedet sind, sollte die Satzung vorsehen, dass die
straßenseitige Einfriedungspflicht ausnahmsweise auch so erfüllt werden darf,
dass eine einer Einfriedung gleichkommende Wirkung durch das Wohnhaus und
weitere Nebenanlagen (Garage, Carport, Tore, Teilzäune, Hecken) erzielt wird.
Für Grundstücke, die geschlossen bebaut sind (von einer seitlichen
Grundstücksgrenze zur anderen), wie beispielsweise beim Geschosswohnungsbau der
GEWOG, soll die Einfriedungspflicht nicht gelten. Geschützt werden soll der
Blockinnenbereich, wo sich Laubkomposte und Obstbäume in der Regel befinden.
Unbewohnte Grundstücke in der Ortslage müssen aber immer an
der straßenseitigen Grundstücksgrenze eingefriedet werden. § 87 Abs. 1 S. 1 Nr.
1 BauOBrdbg enthält die erforderliche Ermächtigungsgrundlage für eine Satzung über
die „Notwendigkeit … von Einfriedungen“. Eine Verknüpfung der Einfriedungspflicht
mit den bestehenden Bebauungsplänen ist nicht erforderlich, die Satzung kann
selbstständig ergehen (§ 87 Abs. 8 und Abs. 9 BauOBrdbg). Der Geltungsbereich
muss abgegrenzt werden, weitere Verfahrensvorschriften enthält § 87 Abs. 8 S. 3
BauOBrdbg. Es ist in den Ausschüssen und mit den Bürgern zu diskutieren, ob die
straßenseitige Einfriedungspflicht in allen Ortsteilen gelten soll. Entgegen
seinem missverständlichen Wortlaut enthält § 87 Abs. 1 S. 2 BauOBrdbg keine
Einengung der Ermächtigungsgrundlage auf baugestalterische oder städtebauliche
Zwecke. Die
Einfriedungspflicht kann selbstverständlich auch aus Gründen der
Sicherheit und Ordnung festgelegt werden (vgl. Simon/Busse, Kommentar für die
BayBauO, § 71 Rn. 190). Die seitliche Einfriedungspflicht braucht nicht
geregelt werden, sie folgt schon aus §§ 28 ff Brandenburgisches Nachbarrechtsgesetz.