Sitzung: 06.04.2017 Gemeindevertretung
Ø Einführende Informationen durch den
Bürgermeister, Herrn Grubert.
Der
Bericht von Herrn Dipl.-Wirtsch.-Jurist B. Rosner (Göken/Pollak/Partner -
Wirtschaftsprüfung und Beratung) liegt den Gemeindevertreterinnen und
Gemeindevertretern in schriftlicher Form vor. Für interessierte Bürger ist der
Bericht unter www.mwa-gmbh.de nachzulesen.
Nachfragen zum
Bericht von Herrn Rosner
Frau Dr. Kimpfel
Gehen wir mal davon aus, jemand hat eine reine Gebührenfinanzierung und
bekommt jetzt sein Geld zurück. Der Altanschließer verkauft das Haus mit
Grundstück und der neue Eigentümer hätte aber lieber die Beitragszahlung. Geht
eine Umstellung? Haben wir jetzt für immer und ewig zwei Gruppen?
Herr Rosner
Wir haben gespaltene Gebühren, wenn bei den Varianten 1 bis 3 Beiträge
teilweise zurückgezahlt werden und die gespaltenen Gebühren bleiben so lange
da, bis die anderen Beiträge, die noch da sind, verbraucht worden sind. Beim
Schmutzwasser reden wir da von Nutzungsdauern von 50 bis 60 Jahren.
Mittelfristig wird es bei den gespaltenen Gebühren bleiben.
Herr Grubert
Wenn ein Eigentümer, der sein Geld zurückbekommen hat, sein Haus
verkauft, ist beim neuen Eigentümer eine Umstellung nicht möglich.
Herr Gutheins
Sie gehen davon aus, dass der Prozess der Beitragsrückzahlung eine
längere Zeit in Anspruch nehmen wird, so ca. zwei bis drei Jahre. Ist das
richtig so? Und wenn das so wäre, würde sich ja auch das Finanzierungsmodell so
darstellen, dass nicht in einem Jahr die Umlagen zu zahlen sind, sondern in
drei Jahren. In Teilumlagen.
Herr Rosner
Die Beitragsrückzahlung wird dann verwaltungstechnisch durch den
Betriebsführer erfolgen. Das wäre in dem Fall die MWA. An der Stelle ist noch
offen, wie lange die Beitragsrückerstattung erfolgen wird. Ob es zwei oder drei
Jahre sind, weiß ich nicht. Das hängt auch von den personellen Ressourcen des
Betriebsführers ab. Es wäre ja durchaus denkbar, so kenne ich das aus anderen
Fällen, dass zusätzlich Personal eingestellt wird, um die
Beitragsrückerstattung zügig voranzubringen. Erst mit erfolgter
Beitragsrückzahlung muss eine Gegenfinanzierung erfolgen über Darlehen oder
über Umlagen. Wenn sich die Beitragsrückerstattung über drei Jahre erstatten
sollte, kann man darüber nachdenken, die Umlagenerhebung auch über einen
längeren Zeitraum zu strecken.
Herr Gutheins
Herr Grubert, wie schätzen Sie das als Verbandsvorsteher ein? Sie haben
ja schon Erfahrungen mit dem rechtlichen Hickhack aus den letzten Jahren.
Welche Zeitachse, ganz grob gesehen, kalkulieren Sie?
Herr Grubert als Verbandsvorsteher
Wenn es 2017 zu einer Entscheidung kommt, dann würde zum 1. Januar 2019
umgestellt werden. Zum 1. Januar 2019 ist zurückzuzahlen. Dann würden wir mit
den Ermittlungen beginnen und dann soll auch binnen drei Monaten ausgezahlt
werden. Ein Jahr Vorlauf brauchen wir schon.
Frau Schwarzkopf
Ich denke das Ziel Ihres Gutachtens und die Entscheidung daraus soll
doch eigentlich sein, dass wir einen Rechtsfrieden und eine Rechtssicherheit in
einem möglichst hohen Maß bekommen. Unserer Meinung nach erreichen wir dies mit
der Variante 3, indem eine Rückzahlung aller rechtswidriger Bescheide, egal ob
Bestandskraft oder nicht, geleistet wird, wobei sich die Rückzahlung nur auf
die tatsächlich gezahlten Beiträge bezieht. Wir gehen davon aus, dass wir
dadurch einen hohen Rechtsfrieden erzielen würden. Bei der Variante 4 bzw. 4a
gibt es das Problem, dass zum einen Personal eingestellt werden muss und dann
würden die zukünftigen Anschließer keine Beiträge mehr zahlen. Die Beiträge
würden für immer wegfallen. Wir finden, dass dieses ursprüngliche Beitragsmodell
im Grunde genommen, eine gute Sache ist. Dass sich die Abwassergebühren
erhöhen, wollen wir nicht. Bei der Variante 3, Rückzahlung aller rechtswidrigen
Bescheide, egal ob Bestandskraft eingetreten ist oder nicht, würden sich dann
die Gebühren für die Altanschließer um 0,98 Euro erhöhen. Allerdings nur für
den Zeitraum, bis dann die ursprünglich geleisteten Beiträge abgeschrieben
sind. Im Grunde genommen wäre die eine Variante, bei der man keine Darlehen
aufnehmen müsste. Man könnte es innerhalb von ein bis zwei Monaten ausrechnen
und dann die Auszahlung leisten.
Frau Scheib
1.
Erfolgen
die Rückzahlungen zinslos?
2.
Wie
wirkt sich das auf Mieter aus? Der Eigentümer bekommt die Beiträge zurück, aber
die Gebühren werden ja auf die Mieter umgelegt.
3.
Habe ich
das richtig verstanden, dass ungefähr 12 Mio. Euro Beiträge nicht bezahlt
wurden?
Herr Grubert als Verbandsvorsteher
zu 1.
Ja.
zu 2.
Zukünftig wird jeder, bei dem Abwasser anfällt, diese erhöhte Gebühr
bezahlen. Sie richten den Punkt auf die soziale Ungerechtigkeit. Es wird der
Eigentümer das Geld zurückbekommen und der Mieter, bei dem Abwasser anfällt,
wird es bezahlen müssen. Es werden Wohnungsgesellschaften das Geld
zurückbekommen, aber die Mieter werden es bezahlen müssen. Dass ist das Modell
der Gebührenfinanzierung.
zu 3.
8 Mio. Euro haben wir schon ausgeschüttet, 1,2 Mio. Euro sind noch
offen. Als Verband haben wir schon 8 Mio. Euro an Altanschließer zurückgezahlt.
Herr Martens
Mehrmals wurde ja schon festgestellt, dass sich die Varianten 1 bis 3
sehr ähneln, bis auf die Variante 3, dass eben die bestandskräftigen Bescheide
mit einbezogen werden, was ich auch für richtig erachte, weil diejenigen, die
bezahlt haben und darauf vertraut haben, dass alles in Ordnung ist, die sollen
nicht im Regen stehen. Wenn man sich die drei Varianten anschaut, dann sagen
Sie, dass bei den Varianten 1 und 2 noch weitere Klagen erfolgen könnten, aber
bei Variante 3 ist ein deutlich höheres Risiko anzunehmen. Warum?
Herr Rosner
Weil bei Variante 3 mehr Beiträge an Anschlussnehmer zurückerstattet
werden und dadurch mehr Konfliktpotenzial entstehen könnte.
Herr Grubert als Verbandsvorsteher
Es gibt aber noch einen zweiten Fall, den man juristisch betrachten
muss. Wir haben noch andere anhängige Klagen für ähnliche Fälle. Der §8 KHG,
der aufgehoben worden ist, ist 2004 in Kraft getreten mit einer Rückwirkung zum
1. Januar 2000. Das Bundesverfassungsgericht hat gesagt, dass bei allen Fällen
vor dem 1. Januar 2000 der Gesetzgeber das nicht mehr mit der
Vierjahresrückwirkungsfrist machen kann. Alle Fälle vor dem 1. Januar 2000
waren schon abgelaufen und deshalb konnte der Gesetzgeber 2004 nicht mehr
eingreifen. Rechtswidrig waren alle Bescheide bis 31. Dezember 1999. Wenn wir
in den Bereich kommen, dass bestandskräftige Bescheide ausgezahlt werden,
machen wir mehr als wir müssten. Bei den Fällen nach dem 1. Januar 2000 gibt es
auch noch viele verschiedene Fallvarianten. Wenn dann eine Fallvariante
entschieden wird, dann wird die Entscheidung des Gerichts sich auch immer nur
auf die nicht bestandskräftigen Bescheide beziehen. Es wird dann immer der Fall
eintreten, dass das Bundesverfassungsgericht noch irgendwo eine andere Änderung
sieht und alle anderen, die auch wieder bestandskräftige Bescheide haben,
werden kommen und eine Rückerstattung fordern, weil das damals auch so war. Sie
können eigentlich nur zwei Dinge tun, entweder nur die nichtbestandskräftigen
Bescheide zurückzahlen so wie beim Straßenbeitragsbescheid oder anderen
Bescheiden oder der Wegfall des Beitragsmodells und nur noch Gebührenmodell.
Wenn man etwas dazwischen macht, läuft man mit diesem
Gleichbehandlungsgrundsatz immer wieder in Fälle rein, wo einer was
zurückkriegt.
Herr Templin
Bei Variante 1 wird vorgestellt, dass sich auch das Land an den Kosten
der Rückzahlung der rechtswidrigen Bescheide beteiligen würde. In den anderen
Varianten würde das wegfallen. Bezieht sich das auf die gesamte Summe oder
würde das Land auf jeden Fall für alle auf Grund ihrer rechtswidrigen
Entscheidung sich für diesen Teil der zurückzuerstattenden Beiträge daran
beteiligen?
Herr Rosner
Wenn wir hier von einer Beteiligung des Landes sprechen, ist vor allem
die Ausreichung von zinslosen Darlehen im Gespräch, um die Beitragsrückerstattung
zu finanzieren. Im hier vorliegenden Fall behaupte ich mal, läuft das Ganze ins
Leere, weil der Verband bei Variante 1 in der Lage ist, das aus eigener Kraft
zu finanzieren, das heißt, er braucht gar keine Darlehen.
Herr Grubert als Verbandsvorsteher
Das Land hat in seinen Äußerungen immer gesagt, dass nur die
unterstützt werden, die die eigene Finanzkraft nicht haben. Herr Rosner hat es
mit unserem Eigenkapital ausgewiesen, dass wir 1 bis 3 bedienen können, also
werden wir kein Geld bekommen.
Herr Singer
In der Grafik war der große Knick bei der Liquidität von 12 Mio. auf 5
Mio. Sind das die 8 Mio. die schon an Beiträgen zurückgezahlt wurden?
Herr Grubert als Verbandsvorsteher
Das ist der Rückgriff auf das Eigenkapital was wir ausgezahlt haben. Dann
haben wir noch einen Jahresgewinn gehabt. So ergibt sich diese Summe.
Herr Singer
Und die Leute zahlen jetzt schon die gleichen Gebühren wie der Mieter
bei der gewog?
Herr Grubert als Verbandsvorsteher
Nein. Die Entscheidung über die gesplitteten Gebühren werden wir erst
bei der nächsten Gebührenkalkulation im Herbst vornehmen können. Dann wird es
so sein, dass wir aufgesplittete Gebühren bekommen. Das ist auch einer der
wesentlichen Gründe, warum es Anhänger gibt die sagen, wir gehen auf die reine
Gebührenfinanzierung. Dann gibt es keine gesplitteten Gebühren mehr. Die
jetzige Gebührenkalkulation kann nicht aufgehoben werden, sie läuft noch bis
Ende des Jahres.
Herr Singer
Mit der nächsten Gebührenkalkulation würde es sich dann für die, die
ihr Geld zurückbekommen haben, ändern?
Herr Grubert als Verbandsvorsteher
Ja. Erst haben die Leute darum gestritten, ihr Geld zurückzubekommen
und dann werden sie sagen, dass sie keine gesplitteten Gebühren wollen, da sie
mehr bezahlen müssen.
Herr Singer
Wenn Umlagen notwendig sind, zahlt immer die Kommune nicht der
Gebührenzahler?
Herr Grubert als Verbandsvorsteher
Ja.
Ø
Herr
Tauscher und Herr Grubert bedanken sich bei Herrn Rosner für seine Ausführungen.
Herr Grubert weist darauf hin, dass eventuell auftretende Fragen aus der
Gemeindevertretung über die Verwaltung an Herrn Rosner weitergeleitet werden.