Sitzung: 07.05.2018 Hauptausschuss
Beschluss: mehrheitlich beschlossen ohne Maßgabe
Abstimmung: Ja: 7, Nein: 3, Enthaltungen: 0, Befangen: 0
Vorlage: DS-Nr. 026/18
Die Gemeindevertretung
- bekräftigt ihren Beschluss zur Reaktivierung der Stammbahn Berlin-Kleinmachnow-Potsdam DS-Nr. 014/16/1 vom 07.04.2016,
- begrüßt, dass sich die Länder Berlin und Brandenburg sowie die Deutsche Bahn AG mit der Rahmenvereinbarung vom 4. Oktober 2017 erstmalig seit 1990 gemeinsam zum Wiederaufbau der Potsdamer Stammbahn positioniert haben,
- unterstützt die Bemühungen des Bürgermeisters, sich weiterhin aktiv für die zügige Aufnahme der Planungen und den für den Ort verträglichen Ausbau einzusetzen,
- fordert, für das Gemeindegebiet die Haltepunkte Dreilinden (Europarc) und Düppel/Kleinmachnow vorzusehen.
Herr Grubert bittet
die Antragsteller auf Rederecht um ihren Beitrag:
Herr Hartwig:
„Vielen Dank für die Erteilung des Rederechts für die Drucksache zur
Stammbahn. Stammbahn reaktivieren. Mobilität verbessern. Klima schützen. ist ja
die obere Schlagzeile. Das sind im Grunde gewaltige Schlagworte. Im Grunde ist
es eine gute Nachricht, wir haben zumindest eine Schnittmenge von 75 %. Keiner bezweifelt nämlich die Verbesserung
der Mobilität und des Klimaschutzes an. Einzig die Stammbahn und das wie und
was wirft doch mehrere Fragen unsererseits auf. Sehr geehrter Herr
Bürgermeister Grubert, Ihr Amtsvorgänger hatte mal anlässlich einer
Festveranstaltung den Begriff –Bürgermeister- wie folgt beschrieben: Der
Bürgermeister ist der Meister der Bürger und ist oder soll für die Bürger da
sein. Nun liegt hier eine Drucksache vor, die in unseren Augen mitnichten die
Gesamtheit der Meinungsbildung vieler Kleinmachnower Mitbewohnerinnen und
Mitbewohner widerspiegelt. Wie auch immer dieser Vorschlag zustande gekommen
ist, diesen kann die Schutzgemeinschaft an der Stammbahn nicht unterstützen. Er
grenzt Menschen aus, die eine etwas andere Vorstellung für einen sozial- und
umweltverträglichen Schienenpersonennahverkehr in dieser Region haben.
Transparenz und Mitsprache können wir nicht erkennen. Auch die hinter
vorgehaltener Hand vertretenen Argument des so genannten
Sankt-Florians-Prinzips in Richtung der Anrainer sind in keinster Weise
nachvollziebar. Spätestens bei den Flugrouten sollten sich verschiedene
Mitbürger an die eigene Nase fassen. Wir denken aber auch, dass die Chance
verpasst worden ist, sich für einen Fahrradweg entlang der Stammbahntrasse
inklusive S-Bahn einzusetzen. Eine Variante, die innovativ, jung und
umweltfreundlich gewesen wäre. Schade, dass die Chance verpasst ist.
Spätestens, als bei der Mobilitätskonferenz im März Herr Kaczmarek hinsichtlich
der Stammbahn von einer Fernbahn im Deutschlandtakt ausgegangen ist, müssten
bei einigen die Alarmglocken angegangen sein. Ziel muss es sein, Vorschläge
einzubringen, die aus der Region für die Region Nutzen bringen. TKS inklusive
Zehlendorf sollten im Fokus stehen. Und nicht Potsdam, Brandenburg oder
Magdeburg. So wichtig dies auch ist. Sie alle hier im Hauptausschuss sind nicht
das Sprachrohr Potsdams oder weiter weg gelegener Regionen, sondern sollten die
Interessen der Kleinmachnower und der unmittelbaren Region im Auge behalten.
Wir bitten Sie, daher den Entwurf neu zu überdenken und mit allen Beteiligten
einen überarbeiteten Text vorzulegen, der eine breite Zustimmung finden wird.
Gestatten Sie mir noch zwei, drei persönliche Bemerkungen. Bei den Gesprächen
mit den hier Anwesenden hatte ich immer den Eindruck, dass die berechtigen
Einwendungen und Befürchtungen der Schutzgemeinschaft Stammbahn auch ernst
genommen werden. Ich erinnere mich z. B. daran, dass bei einem Gespräch mit
Herrn Bültermann – ich glaube, es standen Wahlen vor der Tür – er sich nackt
auf die Straße legen würde, wenn die Stammbahn eine Fernbahn wird. Oder, bei
unserem ersten Gespräch, Herr Grubert, wo Sie uns versicherten, dass Sie eine
Busverbindung Richtung Wannsee favorisieren und keine Schiene – aber immer vor
dem Hintergrund, gemeinsam, offen und fair und transparent zu agieren. Uns ist
schon klar, dass sich Leben und Umwelt verändern, daher gilt aber auch das
Argument auf die unmittelbare Region, den schützenswerten Raum und den hohen
Naherholungswert unserer Region zu behalten. Wir fordern daher eine S-Bahn
Anbindung vom Europarc bis Düppel Zehlendorf, die die Region mitnimmt, auch
wenn sie tatsächlich peripher nur an Kleinmachnow liegt, dafür aber die
Möglichkeit bietet, im 10-Minuten-Takt vielmehr Fahrgäste transportieren zu
können. Weiterhin ist die Stammbahn als historische Strecke neu zu denken,
indem vorhandene Ressourcen, z. B. Alliiertenbahn, genutzt werden und somit
eine Win-Win-Situation entsteht, die anderen Regionen noch besser, schneller
und kostengünstiger mit der Schiene zu verbinden. Hierzu ist nicht nur der
Meister der Bürger, sondern auch die Damen und Herren des Hauptausschusses
aufgerufen. Innovativ agieren, Mobilität verbessern, Klima schützen – in diesem
Sinne bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit und hoffe, dass es Ihr
Verständnis findet – vielen Dank.“
Frau Jansen, An der Stammbahn
17:
„Guten Tag, alle Anwesenden. Ich habe auch gerade die Rede von Herrn
Hartwig das erste Mal gehört. Ich heiße Petra Jansen und arbeite bei der
Deutschen Welle TV und bin keine Stammbahngegnerin, soweit es sich um eine
Stammbahn handelt, die für unsere Gemeinde Kleinmachnow und für die umliegenden
Gemeinden einen Mehrwert des Öffentlichen Personenverkehrs hat. Seit 26 Jahren,
seit ich hier hergezogen bin, ging es darum eine S-Bahn wiederzubeleben. Und
das glauben die Bürgerinnen und Bürger Kleinmachnows immer noch, egal, mit wem
ich spreche, es geht immer um eine S-Bahn, die den Ort Kleinmachnow mit Berlin
und Potsdam verbindet. Auf jeder Versammlung, auf der ich bisher war, ging es
um eine Regionalbahn für die Pendler aus Magdeburg oder Brandenburg Havel, um
eine ICE-Strecke oder sogar Güterverkehr. Wenn es in Wirklichkeit also gar
nicht um eine S-Bahn geht, sieht eine Stammbahn doch völlig anders aus. Mit
einer Schneise von 50 m Breite und einer Aufschüttung bis 6 m Höhe. Wenn ich es
richtig verstehe, ist das eine Hochbahntrasse, die uns nach 28 Jahren wieder
eine Mauer beschert. Meiner Meinung nach fehlt eine ehrliche
Informationspolitik. Wo soll denn ein Bahnhof entstehen, wo würden die Menschen
ihre Autos parken, die dann dort einsteigen sollen. Alternativ ist die
Anbindung Mexikoplatz doch schon heute mit dem Bus vom Marktplatz aus in nur 6
Fahrminuten erreichbar. Ob ein Regionalzug hier halten wird, der schon in
Dreilinden gehalten hat und vielleicht in Steglitz wieder halten soll, halte
ich für sehr unwahrscheinlich. Ein Wort zur Sommerfeldsiedung, des Architekten
Sommerfeld, auf die Kleinmachnow meiner Meinung nach, stolz sein kann. Die
alten Fachwerkhäuser aus den späten 20er Jahren an der Stammbahnstrecke und der
direkten Umgebung bestehen aus Fachwerk mit doppelten Brandsteinziegelmauern,
mit Kiesschüttung und Strohdämmung und sind oft ohne Fundament gebaut. Fern-,
Güterverkehr und ICE bringen zu erwartende Erschütterungen, die für diese
Häuser überhaupt nicht ausgelegt wurden. Welche Schutzmaßnahmen sind
diesbezüglich und auch im Lärmschutz geplant, Stichpunkt Nachtverkehre. Nach 26
Jahren Unsicherheit als Anliegerin möchte ich endlich Rechtssicherheit und
transparente Pläne sowie ein Mitspracherecht für die Bürgerinnen und Bürger,
denn bisher fühle ich mich von meinen Gemeindevertretern ehrlich gesagt in
ihren unkonkreten Entscheidungen völlig ausgeliefert und nicht ernst genommen.
Es muss Alternativen zu einem Regionalverkehr ohne Mehrwert für die
Kleinmachnower geben mit klarem Bekenntnis zu einem Verbot von Güter- und
Nachtverkehr. Ich bin entsetzt, dass sich hier einige Gemeindevertreter lieber
hinter ein Projekt der Deutschen Bahn AG stellen, das so gar nicht im Interesse
der Kleinmachnower Bürgerinnen und Bürger sein kann. Im Übrigen gibt es doch
schon ganz andere Konzepte und Alternativen, als die angedachte Schienenlösung
aus der Mitte des letzten Jahrtausends. Wir sind eine junge Gemeinde mit einem
jungen Bürgermeister und wie gut würde es uns stehen, alternativ Vorreiter zu
werden mit innovativen ökologischen Lösungen, die weltweit auch schon
entwickelt wurden, u. a. Magnetschwebebahn oder Schienenlösungen auf einer Bahn
mit gang schnellen Zubringern, die auch von Dreilinden hochgetaktet Bürger im
Nahverkehr weiterleiten könnten. Ich erwarte ein Statement für eine
verträgliche Stammbahn – Stammbahn als S-Bahn ja, umfassender Lärm- und
Erschütterungsschutz ja, ökologisch vertretbare Lösungen für die größtmögliche
Erhaltung der Parforceheide ja, Stammbahn als Fernbahntrasse nein. Vielen Dank,
dass Sie mir zugehört haben.“
Herr Kolb, Iltisfang 7:
„Vielen Dank für die Erteilung des Rederechts. Mein Name ist Stephan
Kolb, ich wohne seit ca. 18 Jahren in Kleinmachnow. Ich kann mich meinen
Vorrednern nur anschließen, auch bezüglich, dass wir natürlich nicht gegen eine
Stammbahn sind. Grundsätzlich bin ich auch nur hier, weil wir eine Umfrage
machen als Elternvertreter. Ich bin der Elternvertreter von der
Eigenherd-Grundschule. Uns geht es eigentlich auch mehr darum, nicht für oder
gegen eine Stammbahn zu sein, sondern für schnelle und effiziente Lösungen. Wir
haben es geschafft, gerade auch die Elternvertreter im TKS-Bereich, eine
Gesamtschule gründen zu lassen durch den Landkreis, nachdem die Hoffbauer
gegründet worden ist und sehen jetzt die große Gefahr, dass das Verkehrschaos
entsprechend zunehmen wird. Denn wir haben mit den Neubauten in TKS, gerade
auch im Teltower Bereich, und mit der Gründung der Gesamtschule einen Zuwachs
von über 2000 Schülern, die sich genau im Teltower Bereich bewegen plus die
neuen Anwohner, das einen immensen Zuwachs bedeutet. Dies führt dazu, dass wir
eine schnelle Lösung brauchen, dass wir eine Lösung zusätzlich zur Stammbahn
brauchen und die Kleinmachnow und Gesamt-TKS bedingt. Wir haben eine Umfrage
gestartet und haben von allen Fraktionen aus Teltow, Kleinmachnow und
Stahnsdorf – bis auf die Fraktion Die.Linke Kleinmachnow – ein Feedback
erhalten. Alle haben sich für die S 25 ausgesprochen. Ich thematisiere die S 25
auch sehr, weil heute hier im Hauptausschuss das nur in 2 Nebensätzen
besprochen wird. Ich weiß, Sie wollen mehr die Stammbahn besprechen, aber
grundsätzlich brauchen wir eine schnellere Lösung. Und die Stammbahn führt an
Kleinmachnow auch vorbei, mag sein, dass das für Potsdam- und Berlinanbindung
sehr gut ist, aber die S25 bewegt sich gerade für unsere Schülerinnen und
Schüler insbesondere auf einem sehr hohen Niveau, was auch hier thematisiert
werden muss. Und ich schließe mich meiner Vorrednerin an, Fernzüge oder
Gütertrassen als Stammbahnprojekt sind sicherlich abzulehnen, zumal ich
eigentlich auch nicht verstehe, warum sich gerade hier in Kleinmachnow alle so
auf die Stammbahn einschießen, statt für andere Projekte zu werben, z. B. die
S25. Ich weiß natürlich sehr wohl, dass Sie für die Taktung der Busse eigene
finanzielle Mittel bereitgestellt haben, das ist auch sehr löblich und wie ich
sehe, sind Sie ja auch sehr verkehrsaffin. Aber der Zuzug und das Wachsen
Kleinmachnows als eine der größten wachsenden Gemeinden neben Teltow muss auch
für den Verkehr Rechenschaft tragen und da reicht es nicht, nur die Taktung zu
erhöhen, sondern da muss ein richtig gutes Verkehrskonzept her. Vielen Dank.“
Herr Grubert erläutert die
vorliegende Beschlussvorlage, Herr Ernsting ergänzt:
Herr Grubert erklärt, dass einige Argumente mit Sicherheit aufgegriffen
werden und zumindest haben sie Gehör gefunden bei den anwesenden Hauptausschussmitgliedern.
Bei diesem Beschluss geht es um einen Unterstützungsbeschluss der Gemeinde
Kleinmachnow für das zukünftige Projekt –Stammbahn--. Wenn eine Stammbahn
kommen sollte, dann ist es etwas, was vom Bund und von den Ländern bestellt
werden muss, und dann auch beschlossen und gebaut werden muss. Die Zeitschiene,
von der man jetzt ausgehen kann, ist sicherlich der Abschluss der Maßnahme
nicht vor 2030 sein würde, weil für das gesamte Verfahren ein
Planfeststellungsbeschluss erforderlich ist, denn die alte Strecke entspricht
nicht mehr den Anforderungen, die an eine neue Stammbahn – egal, wie sie gebaut
werden würde, als Stammbahn oder als Regionalbahn – gestellt werden. Bei diesem
Verfahren werden alle Gemeinden und alle Beteiligten die Möglichkeit haben,
sich einzubringen. Die Gemeinde selber beabsichtigt mit diesem Beschluss nur
eine unterstützende Maßnahme, dass sie hier für den Schienennahverkehr hier in
der Region ist. Da wir als Region – wie das alle richtig erwähnt haben –
momentan um die 70.000 Einwohner haben und ein besserer ÖPNV wäre für alle sehr
gut. Die Argumente, ob es einen Fern- oder Güterverkehr gibt, das ist bisher
auf allen Veranstaltungen – auch von Vertretern der Deutschen Bahn – eindeutig
abgelehnt worden. Eine ICE-Trasse ist gar nicht geplant und für den
Güterverkehr ist eine weitere Verbindung ab Steglitz nicht mehr vorhanden. Was
in den letzten Jahren wieder stärker in den Fokus gerückt worden ist, eine
Regionalbahn zu errichten. Das könnte auch Ziel der Deutschen Bahn sein. Als
Gemeinde will man sich mit diesem Beschluss grundsätzlich dazu bekennen, das
wir dafür sind, dass aber auch die Wünsche und Besorgnisse der Bürger
aufgenommen werden, dass sowohl der u. a. Lärmschutz beachtet werden muss und
das Planfeststellungsverfahren von allen umliegenden Gemeinden begleitet wird.
Das ist der hier vorliegende Unterstützungsbeschluss.
In den Fachausschüssen wurden
einige Ergänzungen vorgeschlagen:
Stärkere Verankerung des
Lärmschutzes, ausreichende Querungsmöglichkeiten im Trassenverlauf zwischen
Kleinmachnow und Berlin sollen vorgesehen werden, spätere Umsteigemöglichkeit
zur Friedhofsbahn offenhalten, Schutz vor elektromagnetischen Feldern.
Herr Ernsting erklärt, dass an einem innerörtlichen Verkehrskonzept
gearbeitet wird. Aber eines muss auch klar sein. Es können die besten Lösungen
für die Schulwegsicherung, für den Radverkehr sowie für Knotenpunkte erarbeitet
werden. Wenn es aber keine attraktive Möglichkeit für die zahllosen Pendler
gibt, die nach Berlin oder nach Potsdam zum Arbeitsplatz wollen, reicht es
nicht aus, auf das TKS-Busnetz zu setzen, es reicht leider auch nicht aus, auf
den Fahrradverkehr zu setzen, sondern es wird tatsächlich eine schnelle
Anbindung benötigt. Deshalb sollte die Chance genutzt werden, als Gemeinde gegenüber
der Deutschen Bahn deutlich zu sagen, es wird eine Anbindung Kleinmachnows an
den Schienennahverkehr gewollt, der idealer der Regionalverkehr wäre. Und vor
allem werden zwei Haltepunkte benötigt und entsprechender Lärmschutz, ansonsten
funktioniert das nicht.
An der Aussprache zur DS-Nr.
026/18 beteiligen sich:
- Frau Dr. Bastians-Osthaus
- Herr Warnick
- Frau Sahlmann
- Herr Templin
- Frau Scheib
- Frau Dettke
- Herr Martens
→ Zur
Gemeindevertretung wird eine DS-Nr. 026/18/1 unter Beachtung der geäußerten Argumente der Redner und der
Ergänzungsvorschläge der Fachausschüsse vorgelegt.
Der Gemeindevertretung wird
mehrheitlich empfohlen, die DS-Nr. 026/18 als 026/18/1 auf die Tagesordnung
ihrer Sitzung am 17.05.2018 zu setzen.