Betreff
Kleinmachnow vor Wildschweinen schützen II - Einfriedungspflicht
Vorlage
DS-Nr. 032/19
Art
Antrag

Die Gemeinde Kleinmachnow erlässt eine Satzung, nach der Wohngrundstücke in der Ortslage grundsätzlich einzufrieden sind.


Die SPD/PRO-Fraktion hat einen ähnlichen Antrag schon im Juni 2018 eingebracht (DS-Nr. 82/18). In der Sitzung der Gemeindevertretung vom 20. September 2018 wurde der Antrag abgelehnt.

Mittlerweile hat sich die Situation erheblich verschärft, wie der jüngste Vorfall in einem Friseursalon

in Stahnsdorf zeigt, wo ein blutendes Wildschwein in einen Friseursalon eindrang und nur dank eines glücklichen Zufalls niemand zu Schaden kam. Deswegen wird der Antrag nochmal eingebracht.

In einer von der SPD mit dem bekannten Universitäts-Professor Dr. Pfannenstiel am 19. November 2018 durchgeführten Vortragsveranstaltung wurden die Ursachen der Wildschweinplage erläutert. Prof. Dr. Pfannenstil ist Biologe und Jäger und deshalb in außergewöhnlicher Weise qualifiziert. Er erläuterte, dass die Wildschweinpopulation in Deutschland ständig steige. Auch etwa 600.000 Abschüsse im Jahr würden nicht ausreichen, um den Anstieg der Population zu stoppen. Ursache seien warme Winter und energiereicher Maisanbau sowie ergiebige Futterfunde in Hausgärten und öffentlichen Grünanlagen. Dadurch käme es zu drei statt früher ein bis zwei Würfen pro Jahr. Die in Teltow, Kleinmachnow und Stahnsdorf auffallenden Wildtiere lebten nicht in den umliegenden Wäldern, sondern in unserer unmittelbaren Wohnumgebung. Sie fänden bei uns ihr Futter.

Die SPD/PRO-Fraktion möchte alles Menschenmögliche tun, um die Population zu verringern. Es ist klar, dass dafür ein Bündel von Maßnahmen nötig ist: Abschussprämie, Einfriedungspflicht und der Aufbau einer kommunal unterstützten Direktvermarktungskette für in der Region geschossenes Wildschweinfleisch. Bürger dürfen Wildschweine nicht füttern und müssen ihre Grundstücke geschlossen halten. Lebensmittel gehören nicht auf den Laubkompost im eigenen Garten, sondern in die Bio-Tonne. Insbesondere müssen die Tiere von Rückzugsorten im Wohngebiet abgeschnitten werden. Deshalb ist es unbedingt wichtig, dass unbewohnte Grundstücke eingefriedet werden. Dieser Aspekt wurde von Prof. Dr. Pfannenstil ausdrücklich bestätigt.

Im Gemeindegebiet gibt es erhebliche Anzahl von unbewohnten und verwilderten Grundstücken innerhalb der Ortslage. Auf diesen Grundstücken halten sich Wildschweine, insbesondere Bachen mit Jungen, gerne tagsüber auf, bevor sie nachts auf Beutezug in die umliegenden Gärten gehen. Diese Grundstücke stellen eine Gefahr für Kinder, ältere Mitbürger und Hunde dar, wenn sie nämlich unverhofft – insbesondere frühmorgens oder abends - Wildschweinen auf dem Weg zu diesen Grundstücken auf der Straße begegnen. Deshalb sollen die Eigentümer dieser Grundstücke verpflichtet werden, ihre Grundstücke straßenseitig einzufrieden. Da eine gesetzliche Einfriedungspflicht nicht besteht und eine ordnungsbehördliche Verfügung des Ordnungsamtes auf der Grundlage der ordnungsbehördlichen Generalklausel mangels konkreter Gefahr in der Regel nicht möglich ist, muss zunächst mit Hilfe des gemeindlichen Satzungsrechts eine generelle straßenseitige Einfriedungspflicht geschaffen werden. Diese generelle Verpflichtung nach Ortsrecht kann das Ordnungsamt der Gemeinde dann im Einzelfall mit einer Verfügung auf der Grundlage der ordnungsbehördlichen Generalklausel durchsetzen. Die konkrete Gefahr liegt dann in dem Verstoß gegen „geschriebenes Recht“.

Erfüllt der Eigentümer die gegen ihn ergangene Ordnungsverfügung nicht, kann die Behörde die Ersatzvornahme androhen und den Zaun mit Hilfe eines Unternehmers setzen lassen und sodann die Kosten vom Eigentümer anfordern. Zahlt dieser nicht, kann das Grundstück im äußersten Fall zwangsversteigert werden oder es kann einvernehmlich eine Sicherheitshypothek eingetragen werden.

Da es in Kleinmachnow eine Reihe von bewohnten Grundstücken gibt, die straßenseitig nicht eingefriedet sind, sollte die Satzung vorsehen, dass die straßenseitige Einfriedungspflicht ausnahmsweise auch so erfüllt werden darf, dass eine einer Einfriedung gleichkommende Wirkung durch das Wohnhaus und weitere Nebenanlagen (Garage, Carport, Tore, Teilzäune, Hecken) erzielt wird. Für Grundstücke, die geschlossen bebaut sind (von einer seitlichen Grundstücksgrenze zur anderen), wie beispielsweise beim Geschosswohnungsbau der GEWOG, soll die Einfriedungspflicht nicht gelten. Geschützt werden soll der Blockinnenbereich, wo sich Laubkomposte und Obstbäume in der Regel befinden.

Unbewohnte Grundstücke in der Ortslage müssen aber immer an der straßenseitigen Grundstücksgrenze eingefriedet werden. § 87 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauOBrdbg enthält die erforderliche Ermächtigungsgrundlage für eine Satzung über die „Notwendigkeit … von Einfriedungen“. Eine Verknüpfung der Einfriedungspflicht mit den bestehenden Bebauungsplänen ist nicht erforderlich, die Satzung kann selbstständig ergehen (§ 87 Abs. 8 und Abs. 9 BauOBrdbg). Der Geltungsbereich muss abgegrenzt werden, weitere Verfahrensvorschriften enthält § 87 Abs. 8 S. 3 BauOBrdbg. Es ist in den Ausschüssen und mit den Bürgern zu diskutieren, ob die straßenseitige Einfriedungspflicht in allen Ortsteilen gelten soll. Entgegen seinem missverständlichen Wortlaut enthält § 87 Abs. 1 S. 2 BauOBrdbg keine Einengung der Ermächtigungsgrundlage auf baugestalterische oder städtebauliche Zwecke. Die

Einfriedungspflicht kann selbstverständlich auch aus Gründen der Sicherheit und Ordnung festgelegt werden (vgl. Simon/Busse, Kommentar für die BayBauO, § 71 Rn. 190). Die seitliche Einfriedungspflicht braucht nicht geregelt werden, sie folgt schon aus §§ 28 ff Brandenburgisches Nachbarrechtsgesetz.