Erläuterungen
Vorbemerkung
Bei der „Potsdamer Stammbahn“
handelt es sich um die erste Eisenbahnstrecke in Brandenburg. Sie wurde 1838
als Verbindung zwischen Berlin und Potsdam eröffnet. Nachdem die Strecke im
April 1945 durch Sprengung der Brücke über den Teltowkanal und Abbau der Gleise
zwischen Griebnitzsee und Düppel (K.-Marx-Straße/A.-Kuckhoff-Platz) als
Reparationsleistungen unterbrochen war, fuhren ab 1. Dezember 1945 nur
noch Pendelzüge zwischen Düppel u. Bf. Zehlendorf.
Nach dem Bau der Berliner Mauer
1961 wurde der Pendelbetrieb zwischen Zehlendorf und Düppel zwar weitergeführt.
Da die Strecke aber auf West-Berliner Gebiet lag, war sie für die
Kleinmachnower Bevölkerung nicht mehr zugänglich. Pendler in den Ostteil
Berlins mussten nun den Umweg über den südlichen Berliner Eisenbahn-Außenring
oder über Buslinien bis zum S‑Bahnhof Schönefeld nehmen.
1980 wurde der Bahnbetrieb auf dem Abschnitt
Zehlendorf–Düppel eingestellt. Seither verfallen die baulichen Anlagen.
Nach der Wende 1989/90 entstanden erste Pläne zur
Wiedereröffnung der Potsdamer Stammbahn. In einer Untersuchung zu ihrer
verkehrlichen Bedeutung wird ausgeführt: „Durch
den Wiederaufbau … können die Bahnlinien [1] Magdeburg – Potsdam – Berlin, [2] Dessau – [Bad] Belzig –
Potsdam – Berlin und [3] Jüterbog –
Treuenbrietzen ‑ Beelitz – Potsdam direkt mit dem …
Nord-Süd-Fernbahntunnel verbunden werden. Es entsteht eine durchgehende
Verbindung von den vorgenannten Strecken zu den südwestlichen Bezirken Berlins.
Die direkte Erreichbarkeit des Potsdamer Platzes und des Lehrter Bahnhofes [Berlin
Hbf] aus dem Südwesten Berlins und dem
anliegenden Brandenburg über den Nord-Süd-Fernbahntunnel kann … in zahlreichen
Direktverbindungen … geschaffen werden.“[1]
Eine Übersicht über die Eisenbahntrassen in der Region
Teltow-Kleinmachnow-Stahnsdorf ist als Anlage 1
beigefügt.
Konkrete Schritte zur Wiederinbetriebnahme wenigstens auf Teilabschnitten (z.B. S‑Bf. Zehlendorf – Europarc Dreilinden) blieben aber bisher aus. Entscheidungen darüber fallen nicht in die Zuständigkeit der Gemeinde, sondern allein in die des Bundes bzw. der Länder Berlin und Brandenburg. Letztere müssten u. a. ein entsprechendes Zugangebot bei der Deutschen Bahn AG (DB AG) bestellen.
Nachdem die DB AG kürzlich Flächen der „Friedhofsbahn“ (vgl. Übersicht,
Anlage 1) zum Verkauf ausgeschrieben hat, wird auch für die Flächen der
Potsdamer Stammbahn eine ähnliche Entwicklung wahrscheinlich. Im Falle der
Veräußerung könnte ein künftiger privater Eigentümer die Freistellung von den
Bahnbetriebszwecken beantragen. Nach Freistellung wäre die Fläche im Rahmen der
planungsrechtlichen Möglichkeiten auch baulich nutzbar und der Wiederaufbau der
Eisenbahnverbindung auf Kleinmachnower Gebiet realistisch kaum noch umsetzbar.
Bauordnungsrechtliche
Situation
Teile der für den
Eisenbahnbetrieb nicht benötigten Flächen der Potsdamer Stammbahn hat die DB AG
insbesondere an Eigentümer bzw. Nutzer der (Wohn-)Grundstücke nördlich der
Straße „An der Stammbahn“ verpachtet. Sie werden überwiegend als Erweiterung
des Hausgartens (Grabeland) genutzt.
Soweit der Gemeinde bekannt, ist
in den dazu bestehenden Miet- und Pachtverträgen mit der DB AG festgelegt, dass
„auf dem Grundstück … vom Pächter keine
Lauben, Wasserleitungen und Stromversorgungen hergestellt werden“ dürfen. „Für die Errichtung von Schuppen, Ställen und
sonstigen baulichen Anlagen ist die schriftliche Zustimmung [der DB AG] … erforderlich.“ (Vertragsmuster A,
§ 5 Abs. 1)
In anderen Verträgen wird
präzisiert: „Die für die Errichtung und
Nutzung der Mietsache … nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften (z.B.
Abfallgesetz, Landesbauordnung, …, Wasser- und Immissionsschutzgesetze)
erforderlichen Genehmigungen usw. hat der Mieter einzuholen.“
(Vertragsmuster B, § 3 Abs. 1) Außerdem darf „der Mieter … ungeachtet der öffentlich-rechtlichen
Genehmigungen … nur nach Vereinbarung mit der DB AG … auf der Mietsache Bauten
und/oder Anlagen zum Zwecke der Freizeitgestaltung errichten. …“ (ebd.,
§ 8 Abs. 1).
Im Laufe der Jahre wurden offenbar bauliche Anlagen auf der Bahnfläche errichtet. Im Frühjahr/Sommer 2015 nahm der Landkreis Potsdam-Mittelmark, Untere Bauaufsichtsbehörde eine Nachbaranzeige wegen einer Grundstückseinfriedung jedenfalls zum Anlass, die Situation im Trassenbereich insgesamt zu überprüfen. Es erfolgte eine Bestandsaufnahme der bestehenden baulichen Anlagen und die Kontaktaufnahme mit den jeweiligen Nutzern bzw. Eigentümern. Beispielhaft ist die Kopie eines an die betreffenden Eigentümer versandten Schreibens beigefügt (vgl. Anlage 2, Anhörung).
Die vom Landkreis eingeleiteten bauordnungsrechtlichen Verfahren dauern noch an und haben die Anwohnerschaft nördlich der Straße An der Stammbahn verunsichert.
Bauplanungsrechtliche
Situation
Im Flächennutzungsplan Kleinmachnow (FNP) ist die Trasse der Potsdamer Stammbahn seit erstmaligen Inkrafttreten des FNP am 05.01.2000 unverändert als „Fläche für Bahnanlagen (Trassenfreihaltung)“ vermerkt (vgl. Anlage 3, FNP-Auszug).
Seit 27.09.2013 verfügt die Gemeinde Kleinmachnow über eine wirksame Satzung gemäß § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB (Klarstellungssatzung). Eine Vorgängerversion dieser Satzung war im Jahr 1992 bekannt gemacht worden, stellte sich jedoch 2011 nach umfassender rechtlicher Prüfung als unwirksam heraus. Aus diesem Grund beauftragte die Gemeindevertretung den Bürgermeister, eine neue Klarstellungssatzung auf Grundlage der aktuellen Bebauungsstruktur erarbeiten zu lassen.
Mit dieser 2013 in Kraft getretenen Satzung soll gewährleistet werden, dass für alle in ihrem Geltungsbereich liegenden Grundstücke Rechtssicherheit über die anzuwendende Beurteilungsvorschrift bei der Prüfung der planungsrechtlichen Zulässigkeit eines Vorhabens besteht. Bauvorhaben lassen sich dann eindeutig und ohne zusätzlichen Aufwand auf der Grundlage von § 34 Baugesetzbuch (BauGB) prüfen.
Die Grundstücke der Potsdamer Stammbahn liegen dagegen im Außenbereich (§ 35 BauGB), sie werden deshalb von der Satzung nicht erfasst (vgl. Anlage 4, Auszug Klarstellungssatzung).
Auch wenn konkrete Schritte zur Wiederinbetriebnahme bislang unterblieben und die Zuständigkeit dazu nicht bei der Gemeinde liegt, ist es im Sinne einer vorausschauenden und zukunftsorientierten Ortsplanung erforderlich, die Trasse so zu sichern, dass die spätere Wiederinbetriebnahme ohne unnötige Hemmnisse möglich wird.
Die Gemeindevertretung hat deshalb am 15.05.2014 mit DS-Nr. 062/14 beschlossen, für die Eisenbahntrassen im Gemeindegebiet vorsorglich Bebauungsplan-Aufstellungsverfahren einzuleiten (vgl. Anlage 5, Aufstellungsbeschluss). Ziel der verbindlichen Bauleitplanung ist es, dass die erfassten Flächen von Nutzungen und baulichen Anlagen freigehalten werden, die künftigen Bahnbetriebszwecken grundsätzlich entgegenstehen. Dies umfasst insbesondere Gebäude.
Einzelheiten
werden im Rahmen der Bebauungsplan-Verfahren festzulegen sein.
Vorstellbar ist, dass im künftigen Bebauungsplan zwar die Errichtung von Gebäuden ausgeschlossen wird, die Nutzung als Gartenland und dessen (ortsübliche) Einfriedung aber weiterhin zulässig bleibt. Hierzu sind noch keine Entscheidungen getroffen, der Gemeindevertretung wird in Kürze ein entsprechender Beschlussvorschlag in Gestalt eines Bebauungsplan-Entwurfes unterbreitet werden.
[1] ETC Transport Consultants, Grunderneuerung der Strecke 6177 (Potsdamer Stammbahn), Grundsätzliche Überlegungen im Vorfeld von Detailplanungen, Berlin, 1998
1.
Übersicht
über die Eisenbahntrassen in der Region Teltow-Kleinmachnow-Stahnsdorf (Karte)
2.
Anhörung
Beteiligter, Schreiben des Landkreises Potsdam-Mittelmark v. 11.08.2015
(Beispiel)
3.
Flächennutzungsplan
Kleinmachnow i.d.F. vom 30.01.2014 (Auszug)
4.
Klarstellungssatzung
gemäß § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB vom 27.09.2013
(Auszug)
5.
DS-Nr. 062/14 v. 15.05.2014,
Bebauungsplanung KLM-BP-048-a bis 048-e (Aufstellungsbeschluss)